Historie der Kabbala
Es gibt mehrere historische Arten der Kabbala, die im Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche Ausdrucksformen, Schwerpunkte und Ausprägungen angenommen haben. Diese lassen sich sowohl nach Funktion (theoretisch, praktisch/meditativ, magisch) als auch nach epochalen Entwicklungen auflisten.
Ursprünge und Frühe Strömungen
Die Kabbala entwickelte sich ab dem 12./13. Jahrhundert insbesondere in Südfrankreich und Spanien, wobei ihre Wurzeln noch weiter bis in rabbinische und mystische Traditionen des Judentums zurückreichen. Kerntexte wie das Sefer Jetzirah und später der Sohar prägten frühe Richtungen dieser (mystischen) Lehre.
Die Hauptarten der Kabbala
- Theoretische Kabbala
Diese Form beschäftigt sich mit der metaphysischen Struktur der Schöpfung, insbesondere mit dem Konzept der Sephirot (Gottesattribute) und der Schöpfungsordnungen. Ihr Hauptziel ist es, das Mysterium Gottes und der Schöpfung zu erklären. Bedeutende Texte: Sefer Jetzirah, Sefer HaBahir, Sohar. Diese Richtung bildete die Grundlage für viele spätere Entwicklungen. - Meditative Kabbala
Hier geht es um mystische Praktiken und Meditationen, um über Namen und Buchstabencodes einen erhöhten Bewusstseinszustand oder Nähe zu Gott zu erlangen. Ziel ist die innere Läuterung und das Erreichen von ekstatischen Zuständen. - Magische Kabbala (praktische Kabbala)
Sie umfasst Rituale, magische Beschwörungen, Talisman- und Amulettfertigungen sowie die praktische Anwendung göttlicher Namen mit dem Ziel, den Lauf der Natur zu beeinflussen. Diese Richtung war stets umstritten und stand unter rabbinischer Kontrolle.
Provenzalisch-Spanisch (klassische) Kabbala (13. Jhdt.) Entstehung in Südfrankreich und Spanien. Der Sohar wird als Schlüsseltext verfasst. Die Mystik steht im Zentrum. Safed-Kabbala (16. Jhdt.) Blütezeit in Safed (Galiläa) mit Figuren wie Isaak Luria (Ari, systematische Lehren zur Schöpfung, Seelenwanderung, Tikkun Olam) und Moshe Cordovero. Neue kosmologische und eschatologische Konzepte entstehen.
- Chassidische Kabbala (ab 18. Jhdt.) Neue mystische Bewegung unter Baal Shem Tov und seinen Nachfolgern, welche die kabbalistischen Prinzipien in das Alltagsleben trugen und volkstümlich machten.
Nichtjüdische (extrajüdische) Kabbala
Christliche Kabbala (ab 15. Jhdt.) Aufnahme der kabbalistischen Symbolik und Ideen in christliche Mystik und Philosophie v.a. in der Renaissance durch Gelehrte wie Pico della Mirandola.
Hermetische Kabbala Im späten Mittelalter und Barockzeit Verschmelzung mit Hermetik, Okkultismus und (später) New-Age-Strömungen.
Hermetische Kabbala
Die hermetische Kabbala ist eine westliche esoterische Tradition, die Elemente der jüdischen Kabbala mit der Hermetik, dem Neuplatonismus und der christlichen Mystik verbindet und seit der Renaissance eine eigenständige Entwicklung genommen hat. Im Unterschied zur jüdischen Kabbala, die ihre Lehren primär aus der Tora und rabbinischen Kommentaren ableitet, strebt die hermetische Kabbala nach einer universellen, religionsübergreifenden Spiritualität, in der verschiedene mystische, magische und philosophische Systeme verschmelzen.Die hermetische Kabbala legt Wert auf praktische Mystik und Einweihung: Rituale, Meditationen und magische Praktiken dienen dazu, sich dem „göttlichen Plan“ bewusst anzunähern, das eigene Selbst zu transformieren und die Energie der Schöpfung magisch zu beeinflussen. Sie versteht sich als Einweihungsweg, auf dem durch Selbsterkenntnis, symbolische Arbeit und rituelle Handlungen eine Stufe nach der anderen erklommen wird.
Historisch reichen die Anfänge der hermetischen Kabbala bis ins 15./16. Jahrhundert zurück, mit einflussreichen Vertretern wie John Dee, Robert Fludd oder Pico della Mirandola. Sie wurde von Okkultisten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts – etwa im Hermetic Order of the Golden Dawn – weiterentwickelt und ist bis heute Teil der westlichen Esoterik.
Insgesamt ist die hermetische Kabbala ein dynamisches, inklusives System spiritueller Selbstentfaltung, das Mystik, Magie, Philosophie und persönliche Entwicklung miteinander verbindet.
Kabbala und New age
In der New-Age-Bewegung wird die Kabbala oft als ein universelles spirituelles System verstanden, das symbolische und mystische Elemente bietet, mit denen man persönliche Transformation und göttliche Erkenntnis erreichen kann. Anders als die traditionelle jüdische Kabbala, die auf heiligen Texten und tiefgehendem Studium basiert, ist die New-Age-Kabbala stärker vereinfacht, populär und synkretistisch. Sie verbindet Kabbalistische Bildwelten wie den Lebensbaum mit Elementen aus anderen spirituellen Traditionen, etwa Meditationstechniken, Chakrenlehre oder Astrologie.In der New-Age-Strömung wird der Lebensbaum des Wissens (Etz Chaim) häufig als Werkzeug zur Selbsterkenntnis und inneren Entwicklung genutzt. Die Sephiroth (die zehn göttlichen Emanationen) werden als energetische Zentren oder Qualitäten verstanden, die im Menschen aktiviert und harmonisiert werden können. So dient Kabbala hier als Methode, um das eigene Bewusstsein zu erweitern, innere Blockaden zu lösen und spirituelle Heilung zu fördern.
Prominente New-Age-Gruppen und Kabbala-Zentren bieten oft Kurse, Übungen und Rituale an, die traditionelle kabbalistische Konzepte in einem modernen, weltlichen Kontext darstellen. Prominente Persönlichkeiten aus Showbusiness und Popkultur haben maßgeblich zur Popularisierung der Kabbala als New-Age-Element beigetragen.
Die Kritik an der New-Age-Kabbala betont, dass die ursprüngliche, komplexe jüdische Mystik in diesen populären Formen oft stark vereinfacht oder entstellt wird. Die reiche theologische und kulturelle Tiefe der Kabbala wird durch eine spirituelle „Mogelpackung“ ersetzt, die oft kommerzialisiert wird und den Fokus auf oberflächliche Selbsthilfe oder Lifestyle setzt.
Zusammenfassend ist die Kabbala in der New-Age-Bewegung ein integrativer, symbolischer Zugang zu spiritueller Entwicklung, der als Teil eines breiteren, modernen spirituellen Suchens verstanden wird, oft losgelöst von der jüdischen Tradition, dafür aber zugänglich und populär.
Autoren
Literatur zum Studium
Oft empfohlen werden:
Giovanni Pico della Mirandola: „Conclusiones Cabalisticae“
Heinrich Cornelius Agrippa: „De occulta philosophia libri tres“
Éliphas Lévi: „Dogme et Rituel de la Haute Magie“, „Die Kabbala“
Aleister Crowley: „777 and Other Qabalistic Writings“
Dion Fortune: „Die mystische Kabbala“
Frater Achad: „Q.B.L. Or The Bridge’s Reception“
Franz Bardon: „Der Schlüssel zur wahren Kabbalah“.
Diese Autoren und Werke bieten eine umfassende Einführung und Vertiefung in die Lehren, Symbolik und rituellen Praktiken der hermetischen Kabbala. Für historisch-kritische Ansätze empfiehlt sich zudem die Lektüre Gershom Scholems, der die Entstehung und Entwicklung der Kabbala umfassend dokumentiert hat.
Weitere Literatur siehe Literaturliste
Quelle
Die Zusammenfassungen wurden teilweise mit der Ki Perplexity erstellt.
